
Nach dem Unterricht fahre ich in's Zentrum und laufe durch die Antikstraße am Südtor. Schon oft habe ich von weitem gesehen, daß hier irgendetwas Interessantes sein muß und nun schlendere ich vorbei an kleinen Kunst- und Kunsthandwerkgeschäften. Später laufe ich durch eine Straße mit vielen kleinen Läden für elektrische Artikel, Holz und andere Bauwaren. Ich bin auf der Suche nach einem Tempel, der auf dem Stadtplan eingezeichnet ist und finde ihn schnell. Die Wolong-Tempelanlage ist etwas abgelegen und außer mir scheint es keine Touristen zu geben - nur wenige Menschen, die hierhergekommen sind, um zu beten. Mönche gehen ihren alltäglichen Beschäftigungen nach, langsam, bedächtig... Ich genieße die Ruhe, und nachdem ich mir die kleinen Tempelchen angeschaut habe, suche ich mir ein schattiges Plätzchen, hole Papier und Bleistift heraus und zeichne. Ab und zu schaut mir jemand über die Schulter; als ich gehe, möchte ein Mönch meine Zeichnungen sehen. Ich glaube, sie gefallen ihm, aber er sagt, ich soll sie noch mit Farben versehen, und lächelt.

Ich gehe an der Mauer entlang zum Südtor, dort steige ich hinauf und gehe weiter in Richtung Westen, in Richtung nach Hause. Es ist ruhig, wie immer sind nur wenige Menschen unterwegs. Ich setze mich auf eine Bank und schreibe, genieße den freien Blick in alle Richtungen. Von weitem sehe ich eine größere Gruppe auf mich zukommen, bald sehe ich, daß es Afrikaner sind. Die Männer sind sehr elegant gekleidet; ihnen folgen einige Frauen mit wunderschönen Gewändern. Sie lächeln mir zu, sagen "Hallo". Einige fragen, ob ich Gedichte schreiben, andere, ob ich lerne; sie kommen aus dem Sudan. Ich würde sie zu gern fragen, ob ich Photos von ihnen machen kann - aber ich tue es nicht, bin doch kein Chinese ;o)

Die Gestalten entfernen sich weiter und weiter, kehren aber nach einigen Minuten wieder um. Bei mir angekommen, fragen sie, ob sie Photos machen können - und jetzt nutze auch ich die Gelegenheit:

Ich schlendere langsam nach Hause. Nachdem ich geduscht habe, ruft Jing an und wir verabreden uns am Südtor. Wir wollen auf der Mauer Fahrräder mieten. Leider ist es schon etwas spät und wir schaffen es nicht, einmal ganz herum zu fahren; wir müssen die Fahrräder rechtzeitig wieder abgeben. Es ist schon dunkel und die Atmosphäre magisch, manchmal fast unheimlich. Ich fühle mich frei, wir singen und lachen, wenn wir an einigen Stellen über Löcher holpern und an anderen aneinander vorbeirasen. Den Abschluß des Abends genießen wir in einem Restaurant nicht weit vom Südtor, wo wir unter anderem Jiaozi essen. Morgen werden meine drei Besucher zum Hua Shan fahren.
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