
Am Morgen des 5. Juli mache ich mich also auf den Weg in's bekannte Unbekannte und starte meine eintägige Reise in Richtung China mit der Hoffnung, nicht schon an Anfangsschwierigkeiten zu scheitern. Denn "die Bahn" streikt - bzw. kam es in den letzten Tagen im gesamten Deutschland zu Verspätungen und Zugausfällen. Aber glücklicherweise sind für heute, Donnerstag, Verhandlungen angesetzt. Ich komme unbeschwert an mein erstes Ziel Berlin und kann von dort aus mit dem ICE weiter nach Frankfurt fahren. Und komme pünktlich am Flughafen an. Was für ein Flughafen...! Wo mich einerseits die Größe fast erschlägt, faszinieren mich gleichzeitig das Gewimmel und Sprachenwirrwarr. Alle drei Minuten werden Flüge in die ganze Welt ausgerufen - in der jeweiligen Landessprache; es gibt nicht nur eine Anzeigetafel für die Abflüge, sondern gleich vier. Es ist ungefähr 16 Uhr und mein Flug, der in vier Stunden geht, ist noch nicht einmal angezeigt. Aber die Zeit vergeht schnell, das Einchecken verläuft positiv. Auf nach China - mit 18,5 Kilo im Rucksack, kleinem Handgepäck und der üblichen Aufregung.
Der Flug nach Peking ist entspannt; im Flugzeug sitzen hauptsächlich Chinesen und nur ein paar wenige Ausländer. Schon als ich beim Boarding von so vielen Asiaten umgeben war, hatte mich ein vertrautes Gefühl ergriffen, auf einmal war China wieder so nah... Als wir landen, steigt die Vorfreude, denn ich weiß, daß mich auf dem Flughafen Jing und Yang Ying Jie erwarten. Wie schön, von Freunden in China empfangen zu werden! Ich habe sie ein Jahr lang nicht gesehen, aber in diesem Moment kommt mir vor, als wäre die Zeit stehengeblieben oder zumindest nur ein paar Wochen vergangen. Wir haben leider nicht mehr als zwei Stunden bis zum nächsten Einchecken, aber ich werde die beiden später noch sehen.
Nach weiteren anderthalb Stunden Flug erreiche ich dann endlich Xi'an, das Ziel meiner Reise und werde am Flughafen von einer chinesischen Studentin und Julia, einer meiner zukünftigen Kolleginnen, abgeholt. Schon auf der Fahrt in die Innenstadt unterhalten wir uns sehr gut und werden das vielleicht bald sogar auf Norwegisch tun - Julia war zwei Jahre in Norwegen, einmal als au pair und dann als Sprachassistentin. Was ich auf dem Weg sehe, wirkt vertraut. Immer mehr verdichten sich Häuser- und Menschenmengen, zahlreicher werden die Fahrradfahrer und lauter die Geräusche der Hintergrundkulisse. Die Stadt macht einen eher einfachen, nicht sehr fortschrittlichen Eindruck, scheint noch ein bißchen grauer und staubiger als die chinesischen Städte, die ich bis jetzt gesehen habe.
Nach ungefähr vierzig Minuten, kurz nach dem Passieren eines Stückes der Stadtmauer, kommen wir an. Beim Aussteigen nehme ich die Luft, die mir schon beim Verlassen des Flugzeugs feuchtwarm entgegengekommen war, als überraschend angenehm wahr. Vor einem Wohnblock erwartet uns Lily (Li Qian), meine chinesische Mitbewohnerin. Was für eine schöne Überraschung! Ich wohne mit einer Chinesin zusammen, und das in einer richtigen chinesischen Wohnung. Kein Luxus wie beim letzten Mal... Alles, was man braucht bzw. nur das ist vorhanden und vermittelt eine entspannte Gemütlichkeit. Allerdings werde ich in Sachen Sauberkeit doch noch ein wenig nachhelfen müssen ;o)
Nach einem kurzen Aufenthalt von ungefähr drei Minuten (!) in der Wohnung gehen wir dann zur Schule, die circa eine halbe Stunde entfernt ist. Und auf dem Weg stelle ich fest, daß auch hier gestarrt wird, daß man auch hier weit und breit der einzige Ausländer ist. Die hohe Konzentration an Touristen scheint sich auf den Bereich innerhalb der Stadtmauer zu beschränken, den ich noch nicht gesehen habe.
Auch in der Schule gibt es einen freundlichen Empfang, u.a. durch unzählige Mücken. Nach einem kleinen Rundgang gehen wir - der Schulleiter Su Peng, meine Mitbewohnerin, Julia und noch ein Deutscher und Franzose - zusammen essen. Das Essen... Hmm! Ich habe einen schönen ersten Abend. Die Müdigkeit der Reise war schon seit einer ganzen Weile verflogen.
Auf dem Rückweg kaufen Lily und ich noch ein paar Dinge wie Brot und Mandelsaft (hmm...) sowie Seife und Shampoo und ich bin froh, als ich "zu Hause" endlich duschen kann... Für heißes Wasser benutzen wir Gas, im Flur steht eine große Flasche, die in mir Erinnerungen aber auch etwas Skepsis hervorruft. Aber so haben wir heißes Wasser, das ist in China nicht unbedingt selbstverständlich. Wann immer wir etwas brauchen, drehen wir einfach den Hahn auf!
Nach dem Auspacken, so kurz nach Mitternacht, kommt die Erschöpfung dann doch über mich und ich habe glücklicherweise keine Schwierigkeiten, einzuschlafen...
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